(Ein Versuch über das Erkennen, das Nicht-Erkennen und den Spiegel, in dem wir uns selbst nicht sehen)
Es ist fast lustig – und zugleich tief bezeichnend –, dass man der fundamentalen Einsicht, dass Sprache unser Denken prägt, einen Namen geben musste: Sapir-Whorf-Hypothese. Als wäre dies eine bloße Möglichkeit unter vielen. Dabei ist diese Erkenntnis, so scheint es mir, nicht weniger als ein Axiom. So grundlegend, dass sie uns ständig begegnet – und gerade deshalb kaum auffällt.
Wir sind in der Sprache. Und wir kommen aus ihr nicht heraus. So wie das Gehirn sich nicht selbst vollständig begreifen kann, weil es sich selbst als Beobachter voraussetzt, so kann Sprache nicht ganz über sich selbst sprechen, ohne sich im Kreis zu drehen. Wittgenstein hat das gewusst. Bateson hat es gespürt. Heinz von Foerster hat es getanzt.
„Was wir erkennen, ist, was wir sagen können. Was wir sagen können, ist, wofür wir Worte haben. Und wofür wir keine Worte haben, das erkennen wir nicht – bis wir neue Worte finden.“
Diese Worte könnten ein erstes Axiom einer sprachbezogenen Erkenntnistheorie sein. Oder, in Foersterscher Manier: eine Einladung zum Staunen über das, was uns so selbstverständlich erscheint.
Was geschieht, wenn wir eine neue Sprache lernen? Nicht nur neue Vokabeln – sondern ein neues Weltlesen, ein neues Bedeutungsnetz. Und wenn diese Sprache grundlegend anders ist – wie im Film Arrival, in dem die Hauptfigur beginnt, Zeit nicht mehr als Linie, sondern als Kreis zu erleben –, dann verändert sich nicht nur das Denken, sondern das Denken über das Denken. Bateson hätte gesagt: Lernen II oder sogar Lernen III. Eine neue Grammatik des Erkennens.
Dass wir in unseren eigenen sprachlichen Mustern gefangen sind, merken wir oft erst im interkulturellen Missverstehen. Wir wundern uns, dass der andere nicht so versteht, wie wir es „meinen“ – als gäbe es eine universelle Bedeutungsformel. Dabei sehen wir nicht, dass wir nicht sehen. Wir sprechen in Subjekten und Objekten, glauben an Kausalitäten, an linear verteilte Verantwortung. Und nennen das dann Realität.
Aber vielleicht ist es nicht „die“ Realität, sondern nur eine Erzählung, die sich durch unsere Grammatik hindurchgeschrieben hat.
Wir denken, wie wir sprechen. Wir sprechen, wie wir denken. Und manchmal – wenn wir Glück haben – erkennen wir im Spiegel der Sprache, dass es nicht die Dinge sind, die uns bestimmen, sondern die Muster, mit denen wir sie unterscheiden.
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