Bandler in Munich – „NLP und Hypnosis: Trance-form your life” – 4 Tage: 21. bis 24.05.2015
Als Mitarbeiter des Verlags zeitgeist Print & Online hatte ich die Möglichkeit, am Seminar „Bandler in Munich – NLP und Hypnosis: Trance-form your life” teilzunehmen, um darüber zu berichten.
Richard Bandler ist eine der schillerndsten Personen auf dem „Psychomarkt“. Mit John Grinder entwickelte er das Modell „NLP“, die Abkürzung für „Neuro Linguistisches Programmieren“. Das NLP ist eine Kommunikationsmethode und eine Werkzeugsammlung, die in unterschiedlichen Bereichen – vom Verkauf bis hin zur Psychotherapie –, eingesetzt wird. Bandler selber ist vor allem auch wegen seiner humorvollen und provokativen Art bekannt, beliebt und umstritten. Dieser Erfahrungsbericht ist für alle gedacht, die gerne wissen möchten, wie man sich so ein Seminar mit Richard Bandler vorstellen kann.
Ablauf und Organisation
Das ganze Event findet in einer Art Stadthalle in Unterföhring bei München statt. Es sind ca. 360 Personen anwesend. Die Menschen sind angenehm gemischt: vom 20- bis zum 60-Jährigen sind alle Altersstufen vertreten. Alles ist sehr gut organisiert – ein großes Kompliment an den Bandler-Shop und die fresh-academy GmbH. Ich wende mich an meine Ansprechpartnerin Daniela Pitzer und werde überaus freundlich begrüßt. In den Pausen gibt es Snacks, Kaffee, Wasser, Tee und nachmittags Kuchen. Die Atmosphäre ist locker und angenehm. Ich kenne kaum jemanden, was nicht anders zu erwarten war, treffe aber z. B. Henning Alberts (Coach und Trainer für Hypnose), den ich vom Internet kenne. Viele Leute sprechen mich an, da ich ein andersfarbiges Namensschild trage und befragen mich danach. „Ich bin von der Presse“, antworte ich. Komischerweise fragen mich die wenigsten, von welchem „Zeitung“ ich komme. Es steht eine gute Technik zur Verfügung, das ganze Programm wird synchron auf einer Leinwand übertragen. Der Ton ist perfekt und man hört in jeder Ecke des Raumes gleich gut. Links von der Bühne steht eine Box, in der man Fragen an Dr. Richard Bandler platzieren kann. Dann geht es los. Marc A. Pletzer von der fresh-academy GmbH spricht ein paar Begrüßungsworte und kündigt Richard Bandler an.
Richard Bandler
Es ertönt die Musik, die fortan jeden Tag den Auftritt von Bandler einleiten wird – „Purple Haze“ von Jimi Hendrix – und mir wird bewusst, was Richard Bandler eigentlich ist: der Rockstar der Veränderungsszene! Er beginnt seine Show, und hier kann man wirklich von Show sprechen, mit einem geschichtlichen Abriss des NLP. Er erzählt von den ersten deutschen Übersetzungen seiner Bücher und den Eigenarten, die er an den Deutschen bemerkte. Die Übersetzer vermittelten ihm wohl, dass er „falsche Dinge“ schreibe, was er köstlich fand. Er beschreibt, wie er in den Siebzigern bekannte Therapeuten danach fragte, ob diese ihm ein Beispiel nennen könnten, bei denen der Klient nach einer therapeutischen Sitzung mit einer wesentlichen Verbesserung herausgegangen sei. Und nur eine Therapeutin beantwortete diese Frage positiv: Virginia Satir! Manche Therapeuten hätten ihm sogar geantwortet, dass eine Therapie gar nicht zur „Heilung“ da sei, sondern nur, um das Problem zu verstehen. Und genau das sei der Kern seiner eigenen Ambitionen: Er wolle herausfinden, welches die wesentlichen Verhaltensweisen seien, die einem Menschen zu einer Lösung seiner Probleme verhelfen.
Bandler verfügt über die Gabe, extrem unterhaltsam zu erzählen. Humor spielt eine wesentliche, wenn nicht die wichtigste Rolle. So wendet er sich z. B. an eine Teilnehmerin der ersten Reihe und fragt, was sie da permanent mitschreibe. „Lass das! Ich verspreche Dir, ich werde in der nächsten Stunde nichts wirklich Wichtiges erzählen.“ Oder er sagt: „Hey, don‘t piss off the hypnotist!“ Er gibt auch eine Definition darüber, was NLP eigentlich sei: „NLP is a way of talking about things!“
Und fortan werden alle vier Tage nach folgendem Schema ablaufen:
Richard Bandler erzählt Anekdoten bekannter „kommunikativer Meister“, also von Menschen, mit denen er gearbeitet, die er modelliert hat – Virginia Satir, Milton H. Erickson, Gregory Bateson und andere. Er berichtet darüber, welche wesentlichen Kriterien für Veränderungen seiner Meinung nach wirklich eine Rolle spielen. Er erzählt „Fallbeispiele“ aus seiner eigenen Arbeit, insbesondere über seinen Umgang mit psychiatrischen Patienten. Dann holt er sich immer wieder Teilnehmer des Seminars auf die Bühne, manchmal einzelne Personen, dann wieder zwei bis drei gleichzeitig. Er demonstriert Hypnose, „Veränderungssuggestionen“ und NLP-Techniken.
Richard, ich erlaube mir, ihn von nun an zu duzen, ist lediglich am Vormittag anwesend. Nach den Mittagspausen übernimmt seine „rechte Hand“ und Co-Trainer John La Valle. Auch er wird von einer Erkennungsmusik auf die Bühne begleitet – „Shotgun“ von Junior Walker & the All Stars. John serviert ebenfalls eine Mischung aus Erzählungen, Anekdoten und Fallbeispielen, er erklärt Muster des NLP und gibt kleine Übungen vor, die die Teilnehmer durchführen.
John La Valle
Ich kannte John La Valle lediglich über seine Homepage und war ein bisschen voreingenommen, weil er auf den Bildern wie ein Mafiaboss aussieht. Tatsächlich lernte ich mit ihm den lustigsten und unterhaltsamsten Trainer kennen, den es möglicherweise gibt. Im Gegensatz zu Bandler war er auch im Publikum präsent. In den Pausen unterhielt er sich mit uns – ein sympathischer Typ, ein Typ wie du und ich. Er hätte auch ein Stand-Up-Comedian sein können und erzeugte regelrechte Lachsalven unter den Teilnehmern.
Was war die Hauptbotschaft der Veranstaltung ?
Du kannst dein Leben „transformieren“, indem du lernst, dir gute Gefühle zu machen! All die unterschiedlichen Geschichten, die Bandler zum Besten gab, trugen im Grunde genommen diese eine Botschaft. Es sei nicht nötig, sich unentwegt mit den eigenen Problemen zu beschäftigen oder diese unbedingt verstehen zu wollen. Man müsse nur wissen, wie man sich stattdessen fühlen möchte und die Fähigkeit haben, dies zu kontrollieren.
Humor spiele eine entscheidende Rolle: Wer es schaffe, über seine Probleme zu lachen, habe damit schon den wesentlichen Schritt zur Lösung getan. Dementsprechend hat Bandler bei nahezu allen Probanden auf der Bühne in Trance „Lachanker“ etabliert; hat diese dann möglicherweise an ein Problem denken lassen und den „Lachanker“ dazu ausgelöst.
Die Unterscheidung von bewusst und unbewusst spielt ebenfalls eine sehr wichtige Rolle. Es sei extrem wichtig, dass das Bewusste und das Unbewusste in die gleiche Richtung arbeiten, so Bandler. „Probleme“ hätten wir vor allem dann, wenn dem nicht so sei. Damit teilt er durchaus die Meinung anderer Fachleute, wie z. B. Gunther Schmidt, Stephen Gilligan oder Steve de Shazer.
In vielen seiner Anekdoten versucht er, den Menschen die Absurdität dessen bewusst zu machen, wie sie über ihre Probleme nachdenken. Das heißt für Bandler: Probleme verstehen wollen und Ursachen herausfinden, birgt die Gefahr, das Problem eher zu fixieren als zu lösen. Um Menschen bei Ihrer Lösungsfindung zu helfen, stellt er ihnen häufig zwei Fragen:
- Woher weißt du so genau, ob du gerade dieses oder jenes Problem hast? Wie entscheidest du, wann dein Problem auftreten soll?
- Mal angenommen, ich sollte dich zwei Tage in deinem Leben vertreten: Was genau muss ich tun, damit ich dasselbe Problem habe wie du?
Bandler versucht damit, das „Wie“ des Problems zu eruieren, anstatt das „Was“ oder das „Warum“. Er will stets den einfachsten Weg gehen, da interessiert ihn der Inhalt (Content) der Probleme nicht. Die Prozesse des Gehirns seien es, die verstanden und verändert werden müssten, so sein Credo. Seine Hauptwerkzeuge dafür seien neben Hypnose/Trance vor allem die Submodalitäten.
Exkurs Submodalitäten
Im NLP wie auch in vielen anderen Methoden geht man davon aus, dass wir Realität nicht direkt wahrnehmen können. Stattdessen entwickelt unser Gehirn während des Aufwachsens eine Art innerer Landkarte von der Welt außerhalb von uns (The map is not the territory, Alfred Korzybski). Diese wird durch Versuch und Irrtum immer mehr oder weniger gut an die tatsächliche Außenwelt angepasst. Man spricht auch von einer Repräsentation. Die wesentlichen Elemente dieser Landkarte basieren selbstverständlich auf unseren fünf Sinnen – Sehen (visuell), Hören (auditiv), Fühlen (kinästhetisch), Riechen (olfaktorisch), Schmecken (gustatorisch) – im NLP auch als VAKOG abgekürzt. Wenn wir uns erinnern, greifen wir imaginativ auf die Elemente eben dieser Landkarte zu. Wir nutzen dann die fünf verschiedenen Repräsentationssysteme. Diese Repräsentationssysteme haben noch weitere Untereigenschaften, die Submodalitäten genannt werden. Wenn ich mir ein Bild mental vorstelle, kann ich auf diese Untereigenschaften achten:
- Ist dieses Bild in Farbe oder Schwarzweiß?
- Ist das Bild eher groß oder eher klein?
- Ist das Bild in meiner Vorstellung weiter von mir entfernt oder eher näher bei mir?
- Hat es einen Rahmen oder ist es eher ein Panorama bzw. Rundblick?
- Ist es eher hell oder dunkel? Usw.
Die Behauptung im NLP und von Bandler (denn er hat die Submodalitäten erfunden oder entdeckt) ist nun folgende: Submodalitäten sind der Mechanismus des Gehirns, um zu steuern, mit welcher Intensität an Gefühlen auf ein äußeres Ereignis (Auslöser) reagiert wird. Demnach wird sich ein Mensch mit einer Spinnenphobie, innerlich z. B. Bilder von gefährlich aussehenden Spinnen imaginieren. Damit diese Spinnenängste extrem intensiv sein können, müssen die dazugehörigen Bilder den Submodalitäten entsprechend aufgebaut sein, d. h. groß und damit überwältigend; farbenfroh und intensiv; oder auch dunkel und düster; als zu nah an sich empfunden; usw. Diese Unterscheidungen können bei jeden Menschen natürlich stets anders ausgeprägt sein. Vor allem aber kann es sein, dass diese Bilder nicht bewusst sondern nur unbewusst erlebt werden.
So holte Bandler jemanden auf der Bühne, der „ein Problem“ loswerden wollte. Bandler bat darum – nein, er befahl es eher –, dass dieser Mann nichts über den Inhalt dieses Problems erzähle. „I am not a therapist! I am not curious. There is no need to know for me. I just want to help you changing it!“ Dann meinte Bandler: „Denk doch mal an eine Situation, in der du dieses Problem hattest!“ Er ließ sich die dazugehörigen inneren Bilder beschreiben und fragte die unterschiedlichen Submodalitäten ab. Dann bat er den Mann, einzelne Submodalitäten zu verändern, das Bild mal größer, mal kleiner zu machen; es näher heran zu holen oder weiter weg zu schieben, usw. Der Proband sollte darauf achten, welche Submodalitätenveränderungen einen Einfluss auf die Intensität des dazugehörigen Gefühls haben. Anschließend wurde derselbe Ablauf mit einem Wunsch- oder Zielbild für dieses Problem durchgeführt. In einem letzten Schritt sollte der Teilnehmer das „unerwünschte“ Bild gegen das „erwünschte“ Bild austauschen, indem er es über diejenigen Submodalitäten veränderte, die jeweils Einfluss auf die dazugehörigen Gefühle hatten. Der Fachbegriff aus dem NLP für diese Technik heißt „Swish“. Sie werden umfängliche Informationen dazu im Internet finden.
Hypnose
Richard hat jeden Tag mindestens zwei bis drei Demonstrationen mit Teilnehmern auf der Bühne durchgeführt. Dazu hat er Gruppentrancen für den ganzen Saal angeboten.
Bis auf wenige Ausnahmen waren alle Demonstrationen auf der Bühne Hypnose. Fast immer hat Richard Bandler sogenannte Schnellinduktionen (rapid inductions) angewendet. Besonders häufig bekamen wir Teilnehmer die „hand-shake-interrupt induction“ zu sehen, die auf Milton H. Erickson zurückgeht. Bei dieser Induktion, wie bei fast allen Schnellinduktionen, geht es um sogenannte Musterunterbrechung. Die Theorie dahinter in verkürzter Version ist: Für die meisten Angelegenheiten des Alltags haben wir routinierte, aber vor allem unbewusste „Programme“, die nahezu automatisch ablaufen können. Das Händeschütteln ist ein solches automatisiertes kulturelles Muster. Wenn solche autonomen Muster überraschend unterbrochen werden, z. B. durch unerwartete Handlungen, ist unser Bewusstsein für einen sehr kurzen Moment „ohne Programm“. Zumindest solange, bis es ein neues „Antwortmuster“ gefunden hat. In dieser Zeit sei unser Unbewusstes quasi „offener“ als sonst und nehme Suggestionen (im Sinne einer Tranceinduktion) leichter an.
Richard gibt dir also die Hand, wie man einem Menschen nun einmal normalerweise die Hand gibt, doch im letzten Moment zieht er seine Hand zurück; nimmt dein Handgelenk; führt deine Hand zu deinem Gesicht; sagt dir, dass du deine Hand anschauen sollst und bemerkst, wie sich der Fokus deiner Pupillen verändert; dann drückt er sanft deinen Kopf nach unten und gibt weiter klassische Induktionssuggestionen. Sind die Leute dann in hypnotischer Trance, fährt er mit sogenannten „Prozessinstruktionen“ fort, d. h. er gibt Instruktionen, die nicht konkrete Inhalte intendieren, sondern allgemeine „Veränderungen“ einleiten oder er führt die schon oben erwähnten Submodalitätenveränderungen in Trance durch.
Sehr oft setzt er Anker. Anker sind vergleichbar mit der Konditionierung aus der Lerntheorie. Ein (gutes) Gefühl wird an eine Berührung geankert, so dass immer, wenn diese Berührung stattfindet, dieses Gefühl wieder ausgelöst werden soll. Vor allem bittet er die Personen in Trance häufig, sich an lustige Situationen aus ihrem Leben zu erinnern. Wenn diese dann anfangen zu lachen oder zu lächeln, verankert er dies mit einer Berührung oberhalb des Knies der Person. Im Verlaufe einer solchen Trance löst er diese „Fröhlichkeit und das Lachen“ immer wieder durch den Anker aus und suggeriert dabei, dass die Person dieses schöne Gefühl sogar noch verdoppeln könne. Abschließend sagt er den Personen, sie können nun an problematische Situationen denken und während sie dies tun, löst er zeitgleich den „Lach- bzw. Fröhlichkeitsanker“ aus, ganz im Sinne seiner Theorie, dass Lachen heilsam ist.
Mich hat ein wenig enttäuscht, dass Bandler kaum erklärt hat, was er da genau tat – im Sinne einer „technischen Nachbetrachtung“. Immerhin hat das NLP generell den Ruf, eher techniklastig zu sein. Meines Erachtens hat er ausschließlich Anekdoten, Geschichten und Fallbeispiele erzählt, in denen grundsätzliche Prinzipien seiner Arbeit deutlich wurden.
John La Valle hat an den Nachmittagen konkrete Techniken der Tranceinduktion erläutert, aus fachlicher Sicht jedoch, auf absolutem Grundlagenniveau. So hat er eine bekannte Hypnoseinduktion, die sogenannte 5-4-3-2-1-Methode erklärt und anschließend sollten die Teilnehmer diese Methode paarweise üben. Hierbei hätte ich mir eine vorherige Demonstration gewünscht, die es jedoch nicht gab. Generell waren die Übungsteile (Kleingruppen) für mich eher stressig, da sie im großen Raum mit 360 Leuten stattfanden, und das war mir zu unruhig.
Die Bandler-Methode
Im Laufe des Seminars erwähnt Bandler einmal, dass alle Geschichten, die er erzähle, deutlich mehr Informationen transportierten, als uns Teilnehmern bewusst sei. Aus der Literatur weiß ich, dass er von sich behauptet, sogenannte Loops in diese Geschichten einzubetten. Seine Erzählungen funktionieren mittels einer Multilevelkommunikation. Ihre Inhalte sind für die bewussten Prozesse der Zuhörer gedacht, während „Botschaften“ für die unbewussten Prozesse eingebettet sind. Diese Botschaften kann man sich als Metaphern vorstellen. Wenn er also eine Anekdote von einem Gespräch zwischen einem Chef und seinem Mitarbeiter erzählt, ist mit diesen beiden Personen auch das Verhältnis zwischen Bewusstsein und Unbewusstem gemeint. Bandler verschachtelt dann verschiedene Geschichten ineinander (loops). Er baut z. B. in einer ersten Geschichte einen Spannungsbogen auf, der jedoch nicht beendet wird. Stattdessen beginnt er mit einer ganz anderen Erzählung, in der wiederum ein neues Thema mit einem neuen Spannungsbogen „geöffnet“ wird, auch ohne diesen zu schließen bzw. zu beenden. Im Verlaufe seiner Vorträge, schließt er dann diese Geschichten und deren Spannungsbögen in umgekehrter Reihenfolge nacheinander. Der Zweck besteht darin, Prinzipien seiner Arbeit, seiner Einstellung sozusagen am („störenden?“) Bewusstsein vorbei direkt dem Unbewussten anzubieten. Auf diese Art, die Prozesse bewusst und unbewusst ins Verhältnis zu setzen, komme ich weiter unten noch einmal zurück.
Fachliche Bewertung und auch Kritik
Vorab eine Gegenüberstellung der Ziele aus dem Veranstaltungsflyer mit meinen Erfahrungen:
„In diesen vier Tagen lernen Sie leicht und einfach auf sehr unterhaltsame Art und Weise: Wie Sie NLP zeitgemäß nutzen mit allen neuen Möglichkeiten, die Dr. Richard Bandler in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Wie Sie leicht Menschen in eine hypnotische Trance bringen können. Wie Sie NLP-Methoden und Hypnose zusammen optimal nutzen können. Wie Sie andere Menschen noch leichter bei der Veränderung unterstützen können. Wie Sie selbst noch tiefere Trance-Zustände erreichen. Und dazu vier Tage voll neuen Wissens und Könnens im Bereich des NLP.“
- Wie man das NLP zeitgemäß nutzt, ist sehr stark in dieser Veranstaltung vermittelt worden; jedoch nur, wenn man das NLP auf die Arbeit mit Trance, guten Gefühlen und Submodalitäten reduziert.
- Wie man Menschen relativ leicht in eine hypnotische Trance bringen kann, ist vor allem von Richard Bandler oft demonstriert worden. Die Prinzipien jedoch, die diesen Prozess so leicht machen, sind meines Erachtens nicht weiter erläutert worden, außer, dass dies ausschließlich über die oben erwähnte „Bandler-Methode“ passiert sein könnte.
- Wie man Submodalitätentechniken in Kombination mit Hypnose verwendet, ist mehrfach demonstriert worden.
- Wie ich noch leichter andere Menschen bei der Veränderung unterstützen kann, ist Thema gewesen, falls „Submodalitäten“ und die Verknüpfung von „Problem mit Humor“ die einzigen Strategien sind, die man dafür benötigt.
- Wie ich selber noch tiefere Trance-Zustände erreiche, ist im Rahmen der Vorträge zumindest angerissen worden.
- Neues NLP-Wissen und -Können ist genau das, was mir am meisten gefehlt hat. So hat Bandler in den letzten Jahren auch neue „Techniken“ entwickelt. Zu nennen sind da das DHE (Design Human Engineering) und das NHR (Neuro Hypnotic Repatterning). Über diese beiden Konzepte gibt es kaum Literatur. Deshalb hatte ich mir gerade über diese Themen Geschichten, Information und Demonstrationen erhofft.
Fazit und Empfehlung
Begeisterung
Ich empfand dieses Seminar eher als eine Form von Motivationstraining. Dennoch war es für mich ein großes Erlebnis, den großen und umstrittenen Bandler „persönlich“ zu erleben. Ich liebe diese Geschichten über die „alten“ Meister, von denen ich so viele Bücher gelesen habe. Vor allem Milton Erickson und Gregory Bateson möchte ich da nennen. Bandlers Geschichten über extravagante Fälle sind unglaublich unterhaltsam. Sie sind extrem lustig und es wurde sehr viel gelacht. Der Meister ist natürlich auch ein bisschen überheblich; quasi die Manifestation des reinen Selbstbewusstseins.
Richard und die Psychiatrie
Richard gibt jede Menge kurioser Fälle aus dem Bereich der Psychiatrie zum Besten. Obwohl diese urkomisch sind, bin ich doch ein wenig hin und her gerissen, da ich selbst zwölf Jahre in diesem Bereich tätig war. Seine Anekdoten dazu vermitteln den Eindruck: Da muss nur ein Richard Bandler einmal mit einem schizophrenen Menschen arbeiten, um radikale und nachhaltige positive Ergebnisse zu erzielen. All die Teilnehmer, für die dieser Bereich fremd ist, müssen zwangsläufig den Eindruck bekommen, dass unsere gesamte Psychiatrie Richards Methoden anwenden sollte. Ich bitte mich nicht falsch zu verstehen: Ich bin schon der Ansicht, dass neue Konzepte in der Psychiatrie absolut notwendig sind, aber so einfach, wie es hier dargestellt wird, ist Veränderung nicht zu erreichen.
Auf der anderen Seite erlebe ich Bandler während einer der Signierstunden ganz anders. Ich stelle mich in der Schlange an, um mir eines seiner Bücher signieren zu lassen. Der Teilnehmer vor mir fragt Richard, was denn eigentlich eine Schizophrenie sei? Bandler antwortet, dass dies Thema ein bisschen zu komplex sei, um nur kurz darauf zu antworten. Als ich dann an der Reihe bin, sage ich ihm, dass ich viele Jahre in der Psychiatrie tätig war. Ich habe das Gefühl, dass er für kurze Zeit in sich geht und nachdenkt. Dann schaut er mich an und sagt, dass er großen Respekt vor Menschen habe, die lange in diesem Bereich arbeiten und dass es ein sehr schwerer Job sei. Dies ist für mich einer der Momente, bei denen ich nicht den Rockstar, sondern den Menschen vor mir habe.
Vielfalt von Gefühlen
Ein anderer Punkt, der mich stört, ist der permanente Hinweis auf die Notwendigkeit, sich gute Gefühle machen zu können. Fast immer werden „Zustände“ bei den Probanden ausgelöst, die mit Lachen und Humor einhergehen. Prinzipiell geht Richard damit durchaus mit der modernen Gehirnforschung konform („Cells that fire together, wire together“, Hebbsches Gesetz). Ich denke mir aber, dass wir Menschen doch aus einer großen Vielfalt von Gefühlen bestehen und alle Gefühle irgendwie ihre Berechtigung haben (sollten). Es gibt meines Erachtens Zeiten, in denen Traurigkeit sinnvoll ist und auch gelebt werden will. Ich habe bei Bandler den Eindruck, als sei das Lustigsein die einzig wichtige Alternative. So ist es auch kein Wunder, dass manche ihm Einseitigkeit unterstellen.
Besonders prägnant zeigt sich das bei einem jungen Mann, der bei Bandler auf der Bühne ist. Er hat das Thema, dass er nicht immer so nachdenklich sein wolle, sondern mehr spontan ins Tun kommen möchte. Nach der Standardinduktion setzt Bandler eine Armkatalepsie, die erst nach mehrmaligen Versuchen funktioniert. Dann gibt er dem jungen Mann „Prozessinstruktionen“: Sein Unbewusstes solle eine Lösung für dieses Problem erarbeiten; während es das tue, solle der kataleptische Arm des Mannes sich immer mehr auf dessen Gesicht zubewegen; berühre die Hand seine Nase, sei dies das Zeichen dafür, dass das Unbewusste diesen Auftrag ausgeführt habe. Im Verlaufe dieses Prozesses bewegt sich die Hand auch immer mehr in Richtung Gesicht. Auf halber Strecke jedoch kann man sehr deutlich den inneren Konflikt des jungen Mannes erkennen. Die Hand bewegt sich vor und wieder zurück. Bandler versucht, diesen Prozess mit Worten zu beschleunigen, doch dann beginnt der Mann zu weinen. Ich habe das Gefühl, dass Richard Bandler damit selbst auch nicht gerechnet hat und kurz aus dem Konzept kommt. Dann geht er dazu über, dem Mann über einen Knieanker wieder diesen „Lachzustand“ auszulösen zu wollen. Hier bekomme ich ein Gefühl der Unangemessenheit. Ich hätte mir gewünscht, dass er die Tränen angenommen und dem jungen Mann vermittelt hätte, dass es doch völlig in Ordnung sei zu weinen und dass es möglicherweise zum Lösungsprozess gehöre. Dies wäre meines Erachtens auch die Chance für Bandler, dem Publikum die Notwendigkeit und die Vielfalt unserer Emotionen darzustellen und hätte ein bisschen die emotionale Einseitigkeit des Events zurückgenommen. Diese Art des Vorgehens hätte dann mit dem Prinzip der Utilisation bei Erickson übereingestimmt.
Tranceinduktion
Fast alle Menschen auf der Bühne sind früher oder später in tiefer Trance. Bei manchen funktioniert dies nicht immer sofort. Da Richard sehr häufig mit Armkatalepsien arbeitet, kann man sehen, dass viele gerade zu Beginn ihrer Trance ihre Arme doch recht bewusst hochhalten müssen. Das bringt mir Richard Bandler näher und ich empfinde ihn dadurch menschlicher; eben nicht nur als diesen genialen kommunikativen Magier. Ich hatte gehofft, mehr unterschiedliche Hypnoseinduktionen zu sehen, vielleicht sogar ein paar neue zu kennen zu lernen. Auch wünschte ich mir, dass er nach den Demonstrationen wenigstens ab und zu sein Vorgehen erläutert – leider vergebens. John La Valle tut dies im Anschluss auch nicht wirklich. So bleibt es eben weitestgehend eine Show. Eine gute Show, keine Frage.
Schock
Eine für mich schockierende Begebenheit muss ich dann am dritten Tag erleben. Ich lernte tags zuvor eine Frau kennen und komme in der Pause mit ihr ins Gespräch. Sie erzählt mir ein wenig von ihrer Lebensgeschichte. Mit 17 Jahren verlor sie ihre komplette Körperbehaarung. Lange war nicht klar, ob sie vielleicht Krebs hat. Letztendlich waren wohl alle Untersuchungen ohne Befund. Die Haare kamen nie zurück. Wir reden darüber, wie schwierig diese Situation ist, gerade für ein pubertierendes Mädchen; dazu kommen aber auch die Ängste vor einer schlimmen Erkrankung. Erst spät traut sie sich, eine Perücke zu tragen; erst spät findet sie einen Lebenspartner, der sie viel eher akzeptiert als sie sich selbst. Am nächsten Tag liest Richard morgens wieder die Fragen der Teilnehmer vor. Ich sitze in der zweiten Reihe und überlege sogar, mich für eine Demonstration zu melden. Dann liest er folgende Frage vor:
„Ich verlor mit siebzehn Jahren alle meine Haare. Gibt es eine Möglichkeit mit Hypnose daran zu arbeiten?“
Ich finde es unglaublich mutig, ihm diese Frage zu schreiben und bin gespannt auf die Antwort. Dann der erste Schock: Im Publikum macht sich Gelächter breit. Dann kommt Richards Antwort:
Dafür sei er wohl nicht der richtige. Die Frau solle zu einem Arzt gehen oder an ihrem Selbstbewusstsein arbeiten! Dies hat in der Betonung für mich etwas Abwertendes und provoziert weiteres Gelächter im Publikum. Mich zieht dieses Erlebnis radikal in die Metaposition. Ich weiß, ich würde mich auf keinen Fall jetzt noch zu einer Demonstration melden. Natürlich haben die anderen Teilnehmer nicht meine Informationen, das mag sein. Aber Richard hätte auch stattdessen darüber philosophieren können, dass man mit Hypnose durchaus auf den Stoffwechsel einer Person einwirken kann; jedoch ohne zu wissen, ob dies dieser Frau etwas bringen würde. Er hätte sie auch auf die Bühne kommen lassen können, um ihr anzubieten, sich mit ihrer Selbstwahrnehmung auseinanderzusetzen; vielleicht sogar darüber lachen zu lernen, anstatt das Lachen dem Publikum zu überlassen.
Transparenz
Prinzipiell benutzt Bandler, wie schon erwähnt, klassische Schnellhypnosetechniken, die man vor allem aus der Showhypnose kennt. Solche Schnellinduktionen nutzt man vor allem, wenn man einem Publikum Effekte demonstrieren möchte, aber auch, wenn eine besonders tiefe Trance eingeleitet wird. Dahinter steht aber die Einstellung, man müsse am Bewusstsein einer Person vorbeiarbeiten. Mit diesem Prinzip habe ich meine Probleme, da ich in meiner Arbeit die Erfahrung mache, dass man nicht einen Teil der Persönlichkeit austricksen muss. Angeregt durch Gunther Schmidt arbeite ich stets so transparent wie möglich. In Bandlers Show finde ich diese „rapid inductions“ teilweise überflüssig, weil viele der Probanden sowieso erst im fortlaufenden Prozess wirklich tief in Trance gehen. Mich hätten mehr Techniken interessiert, die einen Menschen im Verlaufe eines „normalen“ Gespräches ohne klassische Induktion in Trance gehen lassen.
Meine eigenen Veränderungen danach
Alles in allem kann ich für mich persönlich schon sagen, dass sich einiges in mir verändert hat. Aktuell erinnere ich mich morgens deutlich häufiger an meine Träume. Ich fühle mich zurzeit „energetischer“ und motivierter. Ich erlebe mich etwas selbstbewusster, als ich es von mir gewohnt bin. Ich bin auch allgemein aktiver und überdurchschnittlich gut gelaunt.
Ob dies mit Richards Art der Unterrichtung zu tun hat, kann ich nicht genau beurteilen. Sicherlich kommt dazu, dass das ganze Event sehr aufregend für mich war; dass ich erhöhte Endorphin-Ausschüttungen hatte und habe, weil ich eines meiner langjährigen (früheren) „Idole“ sehen, hören und zu einem gewissen Grade auch kennenlernen durfte. Es mag auch daran liegen, dass solche Workshops im Sinne der Gruppendynamik eine gewisse Veränderungsansteckung multiplizieren.
Schlusswort
Richard Bandler ist ein Rockstar. Ich mag Rockmusik sehr und er ist vielleicht sogar einer der besten Rockstars überhaupt. Ich mag aber auch Jazz, Blues, Pop, Independent, Progressive und vieles mehr …
***
Mein Verhältnis zum NLP und zu Bandler
Ca. 1995 las ich mein erstes Buch über NLP. „Frogs into princess (deutsch: Neue Wege der Kurzzeit-Therapie)“ von Richard Bandler und John Grinder. Nachdem ich mich schon einige Zeit mit unterschiedlichen psychotherapeutischen Methoden auseinandergesetzt hatte, war ich von diesem Buch sehr schnell begeistert. Der Grund dafür war sehr einfach: Ich hatte das erste Mal ein Buch in der Hand, das mir „Anweisungen“ gab, wie man in beratenden Gesprächen konkret vorgehen könnte. Darüber hinaus wurden Thesen aufgestellt, die viele der damaligen Vorannahmen in Frage stellten, und das mit einer gehörigen Portion Frechheit und Humor. In den folgenden Jahren las ich annähernd sämtliche Literatur zu diesem Thema, aber vor allem die Bücher, an denen Richard Bandler beteiligt war. Ich baute mir so etwas Ähnliches wie eine Identifikation mit ihm auf.
Nach dem Studium besuchte ich dann meinen ersten NLP-Kurs bei Martina Schmidt Tanger und es folgte die NLP-Practitioner- und mehrere Jahre später die Masterausbildung. Letztere entfernte mich wieder vom NLP. Ich lernte den hypnosystemischen Ansatz Gunther Schmidts kennen und fand darin meine neue theoretische und praktische Heimat. Hier gab es etwas, was dem NLP abging: einen fundierten theoretischen Überbau!
Richard Bandler: „Viele kritisieren meine Persönlichkeitstheorie, dabei habe ich gar keine!“
Darüber hinaus hat das Gebaren so mancher NLP-Trainer zu meiner Distanzierung beigetragen. Weniger nett ausgedrückt: Großmäuligkeit, Allmachtsphantasien und reißerische Versprechungen. Auch Bandler ist kein bescheidener Mensch, muss er ja auch nicht sein. In den ersten Veröffentlichungen betonte er noch: „Wir stehen auf den Schultern von Riesen!“ oder „Aufgabe des Schülers ist es, über den Lehrer hinaus zu wachsen.“ Und wenn Bandler heute ein „Meister der Kommunikation“ ist, hat er dies nicht nur seiner eigenen Arbeit zu verdanken, sondern auch dem langjährigen „Zusammensein“ mit anderen großen Kommunikatoren.
Vielleicht bin ich selber auch nur zu deutsch, um diese amerikanische Art gänzlich zu verstehen. All die Jahre blieb Bandler, ich muss es mir eingestehen, irgendwie in meinem Herzen, hat doch auch er seine Krisen gehabt und viel Unrühmliches getan.
NLP ist irgendwie ein „etabliertes Stiefkind“ geblieben, von vielen Menschen genauso mit Vorurteilen behaftet wie die Hypnose selber. Im Sozialbereich schon fast mit Hass besetzt, im Verkauf zu einer Wunderwaffe stilisiert: Richard Bandler wird von seinen „Jüngern“ beinahe religiös verehrt. Und genau deswegen ist es in der Diskussion um das NLP so wichtig, diese eine kleine erkenntnistheoretische Unterscheidung vorzunehmen, die leider so selten beachtet wird: Das NLP kann nichts tun; es kann nicht gut noch böse sein, solche Unterscheidungen obliegen lediglich dem Tun von Menschen. Dies ist so banal wie gefährlich, lässt sich doch damit alles entschuldigen. Bei all der auch berechtigten Kritik dem NLP gegenüber darf man doch auch eines nicht vergessen:
Unglaublich viele der modernen „Veränderungsmethoden“ haben sich irgendwie aus „der Schatzkiste“ des NLP bedient, größtenteils, ohne die Quellen zu benennen. Es gab eine Zeit, in der die Kreativität der unterschiedlichen NLP-Entwickler keine Grenzen zu haben schien: Pacing, Leading, Ankern, Reframing, Verhandlungsmodelle, Timeline, Submodalitäten haben so oder unter anderen Namen Eingang in fast alle gängigen „Verhaltensänderungsmodelle“ gefunden. „To walk what you talk“, „walk in someones shoes“, „die Sprache des Klienten sprechen“, „das Modell der Welt des Klienten akzeptieren und utilisieren“ – dies alles ist heute Standard in vielen Beratungsmethoden.
All die Jahre hatte ich immer gewisse Probleme den Menschen zu erklären, was denn NLP überhaupt sei. Und auf diesem Seminar hat Richard Bandler exakt gesagt, was es ist:
„NLP is a way to talk about things!“
Dies ist einerseits extrem banal und trifft eigentlich für alle Methoden des Marktes zu und ist auf der anderen Seite tatsächlich die exakteste Beschreibungsweise, die es überhaupt geben kann.
Links zum Thema NLP:
- Deutsches NLP-Portal
- Richard Bandler
- NLP-Kritik
- Was ist NLP?
- fresh-academy GmbH (Organisator des Events)
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