Die konstruktivistische Kinderbibel – eine Marktlücke?

Vor allem meine Tochter ist wie ich an Spiritualität und Religion interessiert. Sie geht furchtbar gerne in Kirchen. Der Kindergarten war katholisch und die Schule ist es auch. Also kauften meine Frau und ich eine Kinderbibel. Ein tolles Buch, schöne Bilder und ein prima Format. Abends vor dem Einschlafen lese ich ihr oft vor. Aber was ich dann entdeckte, schockierte mich, obwohl es mich hätte nicht schockieren dürfen. Ich kannte doch schon die Geschichten. Aber die dort dokumentierte Brutalität war es nicht alleine, die mir Sorgen machte.

Also entstand ein Konflikt in mir. Wir hatten zu Hause immer entschieden, dass wir unsere Kinder sehr frei erziehen. Sie sollen mit allen Religionen konfrontiert werden. Sie sollen selber fähig werden, irgendwann einmal ihre eigene Haltung und Entscheidungsfähigkeit zu erlangen.

Aber konnte ich meiner Tochter diese Dinge guten Gewissens vorlesen? Ganz auf die Geschichten verzichten wollten wir aber auch nicht.

Also entschied ich mich, sie ihr anders vorzulesen, als die Texte dies hergeben. Einige Beispiele:

In meiner vorgetragenen Version lobte Gott Eva für ihren Mut, selbst Entscheidungen zu treffen. Er wollte testen, wie autoritätshörig seine Geschöpfe waren. Selbstverständlich erschuf er den Baum der Erkenntnis, um Adam und Eva in die Lage zu versetzen, selber zwischen Gut und Böse unterscheiden zu können, denn sie sollten ja schließlich auch die Verantwortung für ihr handeln übernehmen können. Er belohnte beide dafür, indem sie das Paradies verlassen durften, denn als Allwissender war ihm bewusst, dass ohne Herausforderungen keine Entwicklung stattfinden kann; und er schenkte vor allem Eva als weitere Belohnung die Fähigkeit, selbst Leben erschaffen zu können und er verstärkte das Band zwischen Mann und Frau, indem er Adam daran beteiligte.

Kain erschlug auch nicht Abel! Gott intervenierte vorher. Da Gott uns nach seinem Ebenbild erschaffen hatte, kannte er schon das Prinzip des „go first“, mit gutem Vorbild vorangehen. Es fiel ihm zunächst schwer, sich einzugestehen, dass er selber zu Neid und Eifersucht beigetragen hatte. Mochte er doch den Abel von Anfang an mehr als den Kain. Als er diese Seite in sich entdeckte und akzeptierte, entschuldigte er sich bei Kain und die beiden wurden das erste mal zu Brüdern.

(Mir ist übrigens keine wirkliche Idee gekommen, die männliche Form Gottes zu umgehen.)

Weiter konnten wir bisher noch nicht in dieser Kinderbibel lesen und ich bin auch irgendwie dankbar dafür. Ich bin mir noch nicht sicher, wie es weiter gehen soll. Natürlich werde ich, je weiter ich lese, immer kreativer werden müssen, da uns noch einiges Schreckliches bevorsteht. Auch muss ich sehr aufpassen, dass es nicht zu logischen Brüchen kommt, denn meine Tochter ist ziemlich schlau für eine Sechsjährige. Vielleicht muss ich sogar anfangen, meine Variation einer solchen Bibel aufzuschreiben.

Und was passiert, wenn sie in den nächsten Jahren von anderen aus der Bibel vorgelesen bekommt? Wird sie sauer auf mich sein? Wird sie mit Lehrern und Geistlichen diskutieren, weil sie ja weiß, was wirklich in der Bibel steht?

Ich habe auf diese Fragen noch keine Antwort. Bevor steht uns noch die Geschichte von Abraham, welcher nach Ägypten zieht. Wo er aus Angst vor dem Pharao, seine Frau als seine Schwester ausgibt. Der arme Pharao denkt sich, wenn Sarai nur seine Schwester ist, kann er sich ja ruhig an sie „ranmachen“. Und dafür wird der Pharao von Gott sehr hart bestraft werden. Ich empfand diese Geschichte immer als eindringlichste Metapher für Rückgratlosigkeit.

Ich freue mich schon, wenn ich bei Jesus ankomme. Dann werde ich nicht mehr so viel intervenieren müssen.

Wie denken Sie darüber, lieber Leser? Ist es verwerflich was ich tue? Ist es riskant? Werde ich mich noch in Zukunft bei einem kirchlichen Träger bewerben können?


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Kommentare

2 Antworten zu „Die konstruktivistische Kinderbibel – eine Marktlücke?“

  1. Avatar von Michael

    Hallo,
    ich bin auf Deine Website aufmerksam gemacht worden. Deiner Erklärung der Jungenbeschneidung kann ich nur zustimmen: Es ist eine Mafiamethode, so werden junge Menschen für das System rekrutiert. Es gibt jedenfalls Parallelen zu den Hirjas in Indien, einer doch sehr problematischen Parallelgesellschaft.
    Und was Du Deinem aufgeschlossenen Töchterchen erzählst? Du könntest sie ja fit machen, dass sie mal ihren Lehrern qualifiziert kontern kann, siehe meine Website mit dem Buch oder besser Heft „Erlösung vom Legebatteriehennensyndrom“. Beste Grüße Michael

    1. Avatar von Thomas Evers

      Bevor ich diesen Kommentar veröffentlichte, hatte ich erst wegen Fragen meinerseits Mailkontakt zum Kommentarersteller. Mit Herrn Preuschoff habe ich abgesprochen, das diese Mails hier als Antwortkommentar veröffentlicht werden dürfen.

      1. Mail von mir:
      „Sehr geehrter Herr Preuschoff,

      zunächst einmal vielen Dank für Ihren Kommentar zu meinem Artikel.

      Ich habe Ihren Kommentar bisher noch nicht frei geschaltet. Wie Sie sich denken können, bekomme ich auch eine Menge an „Kommentarspam“ und muss jene dann hin und wieder prüfen.

      Bei Ihrem Kommentar hatte ich folgendes Problem:

      Ich kann schwer einschätzen, ob Ihr Kommentar direkt mit meinem Artikel zu tun hat, oder für Sie eher eine „Werbefläche“ für Ihre Internetpräsenz darstellt.

      Sie gehen ja mit einem Satz inhaltlich auf meinen Artikel ein: „Und was Du Deinem aufgeschlossenen Töchterchen erzählst? Du könntest sie ja fit machen, dass sie mal ihren Lehrern qualifiziert kontern kann,…..“

      Auf der anderen Seite nehmen Sie Bezug auf etwas, wovon meine Artikel gar nicht handelt, bzw. ein solches Thema auch nicht aus meinem Artikel heraus zu lesen wäre: „Deiner Erklärung der Jungenbeschneidung kann ich nur zustimmen: Es ist eine Mafiamethode, so werden junge Menschen für das System rekrutiert.“ – Ich gebe in meinem Artikel ja keinerlei Erklärung der Jungenbeschreibung ab.

      Deshalb war ich unsicher, wie ich Ihren Kommentar auffassen soll.

      Ich werde mir überlegen, ob ich Ihren Kommentar freischalte, dann aber auf keinen Fall ohne eine weitere Kommentierung meinerseits und einer entspr. Distanzierung.

      LG, T.Evers.“

      Antwort von Herr P.:
      „Hallo Herrr Evers,

      ja, so ist da nun einmal, wenn ich schon mal eine Antwort bei jemand anderes mitverwende, dann ist das auch prompt jemand, der auch noch antwortet! Es ist nämlich so, dass die meisten, an die ich schreibe, gar nicht antworten und ich daher es mal ausprobiert habe, es mir etwas einfacher zu machen. Denn schließlich machen mir meine Schreiben schon immer einige Arbeit: Ich will den Betreffenden ja bewegen, sich mit dem Thema noch weiter auseinanderzusetzen. Vor allem geht es mir daraum, mit der Klagerei und dem Protest aufzuhören und dazu zu kommen, positiv etwas zu machen. (Ich meine allerdings, dass meine Schreiben schon beachtet werden, dass die Angesprochenen jedoch oft entweder hiflos sind oder auch absout gegen meinen Ansatz, weil er ihrer Ideologie nicht passt und sie ja doch eine andere Ideologie durchsetzen wollen. Zu seiner „Entlastung“ hatte mir der Dekan der Pädagogischen Fakultät in Köln etwa mein HEFT und mein Anschreiben zurück geschickt mit einem Zweizeiler als Anschreiben, doch deutlich war mein Anschreiben ziemlich zerlesen, das muss also durch viele Hände gegangen sein…)
      Und natürlich will ich auch auf mein HEFT hinweisen. Denn da habe ich – gleich auf S. 2 – dargestellt, wie man mit Achtjährigen reden kann, damit die die Ambivalenz der Sexualiät begreifen, der erste Schritt zu einem ethischen Ansatz, den die Kinder eigentlich wollen und auch brauchen. Und ich weiß definitiv, dass gerade Mädchen in dem Alter durchaus interessiert sind – allerdings eher in einer Gruppe, im Einzelgespräch sind sie eher verschlossen, so dass es so aussieht, als seien sie gar nicht interessiert…
      Mein Anliegen nochmal etwas deutlicher: Viele sind mit dem, was an den Schulen läuft und wie unsere Kinder indoktriniert werden (in Richtung Promiskuität, das muss man mal ganz klar sehen) nicht einverstanden. Doch jeder, der nicht einverstanden ist, hat einen anderen Ansatz oder gar keinen und jammert nur. Die Gegner sind also zersplittert und oft auch verängstigt (wie das Kaninchen vor der Schlange). Was wäre, wenn wir alle diese „anderen“ vereinigen könnten? Doch dazu muss man ein Konzept vorlegen, das Hand und Fuß hat, wie es denn anders sein könnte. Auch muss in einem solchen Konzept schon etwas weiter ausgeholt werden, damit man nicht nur ein Problem vordergründig löst. Ich gehe bei meinem Konzept nun davon aus, dass gerade der junge Mensch immer etwas hohes Moralisches will, doch dass er nicht weiß, wie das funktioniert und dass er auch noch falsche WEgweiser mitbekommt – und daher sehr oft Fehler begeht – und bisweilen auch welche, die nie wieder gut zu machen sind… Auf der anderen Seite kann eine hohe Sexualmoral auch ein aufregendes Abenteuer sein.
      Beste Grüße
      Michael Preuschoff“

      Weitere Mail von Herr P. an mich:
      „Hallo,

      jetzt mal ausdrücklich zu Ihrem Anliegen: Ich finde, Sie sollten sich schon für eine Lebenseinstellung entscheiden, die Sie Ihrem Töchterchen beibringen wollen. Und Sie sollten sich auch nicht etwas für Sie und für Ihr Töchterchen Plausibles zusammenreimen, denn damit liegt man, vor allem wenn´s um Religionen geht, zumeist falsch. Das Problem einer guten Lüge (und Religionen sind nun mal weitestgehend Lügen) ist nämlich, dass noch nicht mal das Gegenteil von dem stimmt, was das gelogen wird. Auf viele Sachen kann man einfach gar nciht kommen.

      Nehmen Sie die Abrahamgeschichte, wie er seinen Sohn opfern soll oder muss. Priester haben daraus eine Gehorsam-gegenüber-Gott-Geschichte draus gemacht. Doch die Sache ist anders! Schauen Sie mal in mein Stichwort Abraham in meinem online-Wörterbuch:
      Ich zitiere hier daraus:

      (Leider gelang mir nicht, etwas zu kopieren, doch hier ist der Link http://basisreligion.reliprojekt.de/abraham.htm )

      Ja, ist denn eine solche Religion, in der es um die Vater-Kind-Liebe geht, und nicht wie in den anderen REligionen um eine im Namen eines Gottes „Kinder-töten-Religion“ geht, etwas Tolles? Das kann man doch wunderbar einem Kind erzählen!

      Kann man da noch dagegen sein? Und andere REligionen als gleichwertig ansehen? Ich kann das jedenfalls nicht!

      Beste Grüße

      Michael Pr.“

      Antwort von mir:
      „Auch Hallo,
      auf der einen Seite freut es mich, dass Sie mir antworten, auf der anderen Seite verstört es mich auch ein wenig.

      Verstörend, weil Sie wieder nicht auf meine Fragestellung meiner Nachricht an Sie eingehen. Ich fragte konkret nach einer Ihrer Kommentarstellen, in der Sie behaupten, in meinem Artikel tätige ich die Behauptung bezüglich Jungenbeschneidung. Und dies ist nicht der Fall und Sie gehen auch wieder nicht darauf ein.

      Sie schicken mir sehr viele Informationen in Ihrer Mail, die ich durchaus interessant finde. Ich finde gut, dass Sie sich sehr für solch ein Thema engagieren.

      Auf der anderen Seite empfinde ich es schon als sehr belehrend, wie Sie mir „Empfehlungen“ im Umgang mit meiner Tochter geben. Dies geht auch am Inhalt meines originären Artikels vorbei.

      Auch wenn dies auf mich etwas gönnerhaft erscheint, werde ich kurz Stellung dazu nehmen:
      Da ich als Konstruktivist sowieso Begriffe wie „Wirklichkeit“ und „Objektivität“ ablehne, bzw. nicht angemessen empfinde, besteht für mich jeglicher Anspruch auf objektives Wissen aus „Lügen“, wenn auch hier etwas anders verstanden, als gemeinhin.

      Ich erziehe meine beiden Kinder tolerant. Meine Kinder werden nicht von mir getauft werden. Sie werden in meinem Haus mit vielen Religionen und Philosophien und Denkrichtungen vertraut gemacht. Sie sollen irgendwann mündige Erwachsene sein, die sich selber für oder gegen etwas entscheiden. Ich habe großen Respekt vor allen Religionen und kann in allen etwas wunderschönes sehen. Was manche Menschen daraus machen, mag oft auf einem anderen Blatt stehen.

      Ob ich mich für eine bestimmte Lebenseinstellung entscheiden „muss“ oder nicht, darüber dürfen Sie gerne eine Meinung haben, ich aber habe meine eigene dazu.

      Im Grunde empfinde ich die Art, in der Sie mir begegnen, schon ein Stück weit so, als hätten Sie die alleinige Wahrheit über bestimmte Dinge und sind deshalb in der Definitions- und Entscheidungsmacht. Dies ist aber etwas, dass Sie selber anscheinend „den Religionen“ vorwerfen. Für mich ein Wiederspruch; für Sie … was immer Sie auch mögen.

      Ich mache Ihnen Ihren Kommentar betreffend folgenden Vorschlag:

      Ich werde Ihren Kommentar mit Verlinkung unter der Bedingung veröffentlichen, dass ich diesen EMailverkehr zwischen uns als Folgekommentare mit daran hängen darf. Ich werde die Texte aus Ihren Mails an mich nur veröffentlichen, wenn ich Ihre explizite Erlaubnis dafür habe. Können Sie damit leben???

      LG, T.Evers.“

      Letzte Mail von Herrn P. an mich:
      „Hallo,
      ich dachte doch, das Problem der Jungenbeschneidung war abgehakt, ich hatte mich wohl vertan.

      Mit den „Belehrungen“ ist das immer ein Problem. Ich bin von meiner Warte als LEhrer ausgegangen: Wenn ich den jungen Menschen alle möglichen Konzepte vorlege, damit die aussuchen können, dann sagen die: „Mal sagen Sie so und mal sagen Sie so, man weiß gar nciht, was Sie wollen.“ Also habe ich mich für eine Idee entschieden, die ich versuche, gut zu begründen, auch gegenüber den anderen Ideen. Die jungen Menschen können einfach nicht dialektisch denken, das kommt vielleicht erst später. Und was heißt hier tolerant? Auch ich bin tolerant – doch sollten sich etwa meine Schüler schon mal mit einem Thema angemessen auseinandersetzen und dann zu Entscheidungen kommen. Natürlich können Sie gegenüber einer Mesnchenopferreligion oder gegen eine Religion, in der es kultische Prostitution gibt, oder gegenüber einer Weltanschauung, bei der Juden vergast werden, oder bei der die selbständigen Bauern umgebracht werden, tolerant sein. Verstehen Sie, warum ich gegen das Wort Toleranz etwas habe? Das Wort kommt immer dann, wenn man selbst keine sichere Einstellung hat….

      Mir geht es auch weniger um objektives Wissen, sondern darum, etwas aus der Sicht einer jeweiligen Zeit sinnvoll zu hinterfragen. Ja, was ist plausibler und was ist weniger plausibel.

      Und ich meine doch, dass Sie Antworten suchen, das klang jedenfalls so. Und was heißt hier „Ist es verwerflich?“, was soll ich dazu sagen? Ja oder nein – und sonst nichts?

      Also bitte kein Hickhack, wer was gesagt oder was nicht gesagt hat, sondern zum Thema was ist sinnvoll und was ist nicht sinnvoll oder so…

      Ja bitte, Sie dürfen meine Mails veröffentlichen und Ihre Kommentare anhängen. Lassen Sie den Leser entscheiden, was er für gut und richtig hält. So mache ich das auch in meinem online-Wörterbuch basisreligion.

      BG

      Michael PR.

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